Leute, ich bin gelangweilt. Und irgendwie auch nicht gewillt, die Begriffe Macht, Politik und Gewalt für euch vorzukauen oder durchzubuchstabieren als wärt ihr Geschichtsvergessene in einer Welt voller Schmetterlinge ohne jeglichen Flügelschlag in der Chaostheorie. Ich will keinen Wind stillen, bis das Baby schläft.
Klar, ich könnte euch sanfte Bindestriche malen in eurem Wunsch nach einer Erzählung, die euren Ort in dieser Welt als legitim und normal bezeichnet und könnte euch damit in das Lamento über böse Störenfriede entlassen. Doch ihr unterfordert mich mit eurer unverhohlenen Provinzialität.
Es geht nicht darum, die Welt zu akzeptieren wie sie ist; es geht natürlich um den Widerstand.
Wer anderer Meinung ist, sollte zu anderen Parteien gehen und sich nicht mit uns in die Opposition oder gar in die APO begeben.
Dass die Angst vor diesem Widerspenstigen – besonders in seiner eruptiven Form kurz vor Weihnachten – derzeit bei manchen größer ist, dass man mit ihm fremdelt, weil sein Milieu sich nicht mit dem eigenen deckt, solche Sorgnis darf nie zu dem allgemeinen Loblied auf den Status Quo beitragen, den Diskurs einer Ordnung stützen, die uns nicht gefällt, sollten wir wirklich politisch sein. All diese besorgten Relativierungen sind letztlich nur Feigenblätter einer wohlfeilen Mentalität, die wieder staubig nach lähmender Nachkriegszeit schmeckt und für ‚Keine Experimente‘ längst graue Kanzler gefunden hat.
Natürlich lehnen wir Gewalt ab. Doch diese Haltung gilt für uns als liberale Partei ebenfalls für staatliche und strukturelle Zwänge, wenn diese glauben, sich dem Willen des Volkes entziehen zu können oder ersichtlich gegen sein Interesse arbeiten oder gar Minderheiten übervorteilen. Wir wollen gestalten und im Sinne der Demokratie als Souverän Normen setzen dürfen. Und wenn wir hier merken, dass uns dieses nicht mehr gestattet wird, da das System längst verkrustet, sich mit Selbstzweck verselbstständigt und inzwischen keiner anderen Vernunft mehr zugänglich ist, dann halten wir natürlich dagegen.
Auch dies ist „Gewalt“ aber lediglich Symptom, nicht die Ursache.
Und wer glaubt, für diesen Kampf reiche ein Urnengang alle vier Jahre, ist nicht nur eine faule Sau: Er ist wohl zudem etwas „geistig herausgefordert“. Man wartet nicht auf eine Erlaubnis, die Welt zu ändern. Diese wird einem vom System aus nicht erteilt.
Ihr wartet als Piraten nicht wirklich auf die geordnete Übergabe der Admin-Rechte für diese Welt, oder? Ihr macht euch lächerlich.
Sollten wir für solche simplen Erkenntnisse zu „gesetzt“ werden, zu ängstlich in unseren Taten und lediglich pseudo-progressiv in unseren zahlreichen Philosophien, so bekomme ich ein grundlegendes Problem mit dieser Partei.
Gewaltätige Langeweile von Sofa-Pazifisten brauchen wir nicht; besonders nicht in einer Diskussion über Widerstand. Die Ereiferung über die Symptome des Protests geht völlig am Thema vorbei:
It’s a trap!
// Ich muss bei dieser ganzen Diskussion immer wieder an den Protagonisten aus Heinrich Manns Der Untertan denken, der die Formel „Ich bin durchaus liberal, aber…“ wählt. Für alle, die das Buch nicht kennen: Es handelt sich hier um einen Anti-Helden.