Olympia in Hamburg: Es ist zum Möwenmelken

Pro-Olympia auf der Seite Eins des Hamburger Abendblattes

Pro-Olympia auf der Seite Eins.

Haben die Hamburger endlich eine Wahl bei einem Großprojekt? Steht die Frage, ob sich das Land Hamburg auf die Austragung Olympischer Spiele bewirbt oder nicht, tatsächlich zur Debatte? Laut regierender SPD soll es Ende des Jahres dazu einen Volksentscheid geben, doch die Kampagne ‚Pro Olympia’ läuft bereits auf Hochtouren. Und dies auf Kosten der Steuerzahler und durch städtische Unternehmen.

Es fließen bereits die ersten Millionen in das Projekt Olympia, die ersten Verträge mit den Grundstücksmietern im Hafen sind verhandelt, Architekten, Planer und viele weitere Nutznießer von öffentlichen Aufträgen bedrängen und umschmeicheln die Entscheider in der Politik, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sowie seine internationale Dachorganisation werden schon bald absolute Planungssicherheit einfordern. Es geht jetzt um sehr viel öffentliches Geld und alle stehen in den Startlöchern.

In jedem Hamburger Bus wird ohne Impressum für Olympia geworben.

In jedem Hamburger Bus wird ohne Impressum für Olympia geworben.

In Berlin hat der Rechnungshof bei der Bewerbung im Jahre 2000 eine “Unkultur im Umgang mit öffentlichen Mitteln” angeprangert. Nun erleben wir in Hamburg ebenfalls Kampagnen, bei denen mir persönlich die Geldflüsse nicht mehr ganz klar werden.

Wer finanzierte z.B. den Fackelmarsch um die Alster inklusive Luftaufnahmen und pflegte als PR-Agentur die Kontakte zum Hamburger Abendblatt und zur MoPo? Wer ist bei diesem hochpolitischen Thema die treibende Kraft im Hintergrund?

Wer bezahlt die impressumslose Werbung in allen Hamburger Bussen des HVV? Uns falls dies tatsächlich eine Kampagne der Verkehrsbetriebe selbst ist: Was erlaubt sich diese städtische Institution, sich in die politische Willensbildung einzumischen? Ich bin versucht, die Werbung überall korrigierend abzureißen.

Hier wird in die menschenleere Hafen-City geladen, um Olympia als Chance zu begreifen.

Hier wird in die menschenleere Hafen-City geladen, um Olympia als Chance zu begreifen.

Bezahlt die Stadt Hamburg für Werbeplätze in den Bahnhöfen der Deutschen Bahn, um Aufmerksamkeit für die inszenierte Bürgerbeteiligung zu machen, in der ein ‚Ob’ der Olympia-Bewerbung offensichtlich nicht mehr zur Debatte steht? Wie viele Kapazitäten verwendet die Verwaltung derzeit auf die Information über die Risiken des milliardenschweren Großprojekts, um Ende des Jahres tatsächlich eine informierte Abstimmung zu ermöglichen?

Auch auf dem Spielbudenplatz schauen uns Pro-Olympia-Testimonials von den Vattenvall-Bühnen entgegen: Wer hat diese PR-Maßnahme bezahlt und die Testimonials dafür organisiert?

Natürlich gibt es einen strategischen Grund für diese frühe, erstaunlich konzertierte Kampagne Pro Olympia, denn es gibt für die Bewerbung Hamburgs noch eine kleine, aktuelle Hürde: Über Telefonumfragen möchte der DOSB derzeit von den Hamburgern und Berlinern wissen, ob sie eine Bewerbung ihres Bundeslandes begrüßen. Meinungsumfragen müssen den empirischen Hinweis auf die tatsächliche Stimmung in den zwei Stadtstaaten liefern und die örtlichen Politiker verwenden nun staatliche Mittel für die Interessen weniger Profiteure. Sie wissen sehr wohl, dass das Projekt mehr als heikel ist und dass man durch einseitige Kampagen nachhelfen muss.

Ich hoffe sehr, die Berliner haben Lust auf Olympia. Ich hoffe, Hamburg bleibt vernünftig und baut kein Olaf-Scholz-Olympiastadion, für das wir uns Jahrhunderte verschulden müssen, aber dafür ein paar Leute in dieser Stadt sehr sehr reich machen.

Das Geld fließt bereits und entwickelt seinen Sog. Wir Hamburger sind die Möwen, die man am Ende melken muss, sollte das alles auf unsere Kosten durchgezogen werden. Und wenn wir etwas dagegen sagen, wird man uns schon bald als „Nestbeschmutzer“ und unpatriotisch beschimpfen. Das ist alles abzusehen, genauso, wie wir 2017/2018 jetzt aber endlich mal den alten Gram vergessen und uns über die neue Elbphilharmonie freuen sollen. Hurra!

Eine Elbphilharmonie für Nischenkultur, ein Olympia-Gelände für Nischensportarten. Nur der Soziale Wohnungsbau ist in Hamburg anscheinend noch nicht nischig genug, um relevant und sexy für große Investitionen zu sein. Aber man arbeitet ja dran…

Ein Gedanke zu „Olympia in Hamburg: Es ist zum Möwenmelken

  1. Pingback: Olympia in Hamburg – ein mehr-demokratisches Spektakel | micρ

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