Die neuen Zahlen sind da. Sie liefern neue Argumente, über das Thema Flüchtlinge ausgiebig zu berichten.
- Soundsoviele Flüchtlingsunterkünfte werden angezündet und bepöbelt.
- Soundsoviele Politiker und Aktivisten suchen die Karriere auf dem Rücken der Flüchtlinge.
- Soundsoviele Menschen dachten, Ungleichheit habe Grenzen, Konflikte wären von der Globalisierung ausgenommen.
- Soundsoviele Menschen in diesem Land rufen nach dem Staat und übernehmen keine Verantwortung.
- Soundsoviele Menschen nennen alle anderen exkludierend Faschisten.
- Soundsoviele Menschen in diesem Land gehen einem Alltag nach, der über das pure Überleben deutlich hinaus geht.
- Soundsoviele Menschen meinen, jeder habe die Zeit und die Pflicht, sich immer und überall um die ganze Welt zu kümmern.
- Soundsoviele Menschen in diesem Land zeigen gerne mit dem Finger auf andere, um lediglich kritisch sein zu müssen.
- Soundsoviele Menschen in diesem Land verwechseln offenen Hass und Kränkung mit Politik.
- Soundsowenige Menschen deeskalieren, nehmen anderen die Ängste, integrieren in alle Richtungen.
- Soundsowenige Menschen nennen einen überforderten, ungebildeten Menschen nicht gleich Arschloch, da sie ihm überlegen sind.
- Soundsowenige Menschen sind physisch vor Ort, um selbstlos und ohne Aufregung zu unterstützen.
- Soundsoviele Menschen glauben an Zahlen und Listen von Zahlen und Karten mit Streuungen und Sammlungen von Zitaten und Diagramme mit Verteilungen und Kurven mit Entwicklungen und Journalismus mit Daten und hoffen, dass all dies der Aufklärung dient, obwohl es längst um keine Rechnung und quantitative Betrachtung mehr geht. Dem Diskurs sind die Fakten völlig egal, dem Diskurs ist egal, ob Pro oder Kontra, Links oder Rechts, Oben oder Unten, Mitte oder Außen ihn treibt. Der Diskurs ist eine Self Fulfilling Prophecy in alle Richtungen und nicht zu stoppen.
- Soundsoviele Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Und die Zahl ist völlig egal. Es ist Fakt, dass sie kommen. Es muss einem nicht gefallen, dass der Park vor der eigenen Haustür zum Zeltlager wird, aber es wird kommen. Und ich glaube – ohne dies mit Zahlen belegen zu können – in einigen neuen Bundesländern ist nach dem Exodus der Wende genügend Platz und viele Kommunen in Ost und West könnten die Belebung und auch die finanzielle Zuwendung pro Flüchtling sehr gut gebrauchen. Es wird Zeit, die Neuankömmlinge als Chance zu betrachten. Seid stolz, was ihr dort an humanitärer Hilfe aufbaut, seid Gastgeber und freut euch auf die zahllosen Begegnungen mit Menschen. Diesen Stolz wird euch keiner nehmen können: Den Stolz, menschlich zu sein trotz all der treibenden Diskurse. Einen Stolz, den ihr nicht auf Kosten anderer Gruppen erringt.
- Soundsowenige Menschen wissen, dass der Stolz nicht ihr Feind ist, sondern dass sie dieses Gefühl neu besetzen können und all den Nationalisten und Bessermenschen das Wasser abgraben können. In der derzeitigen Diskurswetterlage ist dies sehrwohl der schwierigere Weg, aber der notwendige.
Leseempfehlungen:
„Der Flüchtling unterm Fenster. Ein Besuch in der Jenfelder Erstaufnahmestelle“
„Ignoranz als Handlungsprinzip“
Satire: Besorgte Bürger warnen: Nicht bereit für die Endlösung
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